- „Es darf langsam sein!“ und „Lass los!“
- (…) Der Muttermund öffnet sich
- Alles loslassen, sagt die Hebamme
- Wärme und Nähe für die Gebärende
- Ausdauer und bloß keine falsche Scham beim Thema Geburt
- Die Hausgeburt ist vollbracht
- Auszug aus: Die Geburt. Frauen erzählen. 1:1 aufgezeichnet von Martina Stubenschrott.
- Über Martina Stubenschrott
Dieser Erfahrungsbericht über eine Hausgeburt beschreibt ungeschminkt und authentisch, ohne Blatt vor dem Mund, wie es wirklich ist zu gebären. Dieser ungeschönte Geburtsbericht ist ein Auszug aus: Die Geburt. Frauen erzählen. 1:1 aufgezeichnet von Martina Stubenschrott. LebensGutVerlag. Sie vermittelt einen lebendigen Einblick in die Erfahrungen einer Erstgebärenden, die sich für eine Hausgeburt mit Hebamme entschieden hat.
Interview 3, erstes Kind, gute Bedingungen
„Es darf langsam sein!“ und „Lass los!“
Vorfreude
Und dann, in der 40. Schwangerschaftswoche habe ich am Vormittag gesehen, dass beim aufs Klo gehen, dass in meinem Slip so eine bisschen eine rötliche Schmierblutung ist. Und ich habe schon gewusst von der Hebamme, das kann dieser Pfropf sein, der den Muttermund verschließt. Dann hab ich meinen Mann angerufen: „Du vielleicht geht es heute los, weil da tut sich was!“
(…)
12 Stunden später
Ja. Und die ganze Nacht hindurch, also die zweite Nachthälfte habe ich sehr unregelmäßig Wehen gehabt, so zwischen alle 10 und 15 Minuten, aber liegen gehen habe ich auch nicht mehr können. Also so, alle 10 bis 15 Minuten ist eine Wehe gekommen, aber ich habe Radio gehört, ich war auf so einem Gymnastikball, das hat mir gutgetan, dort sitzen. Und es hat eben gearbeitet und gezogen, so wie bei Regelschmerzen, wo du sagst: Ja, es ist schon zum Aushalten, aber angenehm ist es auch nicht.
(…) Der Muttermund öffnet sich
Und dann sind ab 14.00 Uhr die Wehen losgegangen, dann habe ich – also, ich kann den Zeitraum nicht sagen, aber es war regelmäßig und es war auch schmerzhaft. Also, ich habe nicht mehr – also, vorher habe ich mich noch unterhalten und so, das habe ich nicht mehr können. Und ich habe dann – also, im Hintergrund haben wir den Radio rennen gehabt. Es war schon Nachmittag und während der Wehe war es mir furchtbar heiß und nach der Wehe war es mir eiskalt, also wie Schüttelfrost, wie so bei einer Grippe. Und ich habe, während der Wehe habe ich die Hand von meinem Mann genommen und dagegen gedrückt und nach der Wehe war es mir eben kalt und habe ich wirklich eine Decke gebraucht. Und es war dann glaube ich 5 Uhr am Nachmittag ungefähr, da war dann der Muttermund glaube ich 6 cm offen oder 7 cm und ich habe aber echt Wehen gehabt, die wirklich – wie gesagt, reden habe ich nicht mehr können und ich habe mich sehr auf mich konzentriert und auf mein Kind konzentriert.
Alles loslassen, sagt die Hebamme
Und das war für mich ah, im Kopf, war das wahnsinnig eine Überwindung, dass ich einfach das Lulu laufen lasse. Und sie [die Hebamme] hat das aber mit so einer Selbstverständlichkeit, einfach eine Küchenrolle hin und fertig und weg und passt schon. Und es war dann, es war so wichtig, dass ich das Lulu laufen lassen habe, weil nämlich eine volle Harnblase, ich meine, wie soll denn das Baby da vorbei, das geht nicht. Und wie soll ich da loslassen.
(…)
Ja, auf jeden Fall, nachdem ich alles losgelassen habe, ist es sehr viel besser gegangen und ich habe – Millimeter für Millimeter hat mein Baby sich den Weg gebahnt. Mein Körper ist anscheinend so, ich habe ein gutes Gewebe, es hat seine Zeit gebraucht und die Hebamme hat mir die Zeit für meine Hausgeburt gegeben. Es war nie, es war in keinster Weise ein Druck da (mhm).
Wärme und Nähe für die Gebärende
Es war nur wichtig bei meiner Hausgeburt, dass nach der Wehe ich wieder zugedeckt werde, weil es mir echt, ich habe, ich meine, ich habe nicht mehr reden können, vor lauter viel Anstrengung, und ah, es war einfach wahnsinnig wichtig, dass ich nachher wieder zugedeckt werde, weil mir so kalt war. Weil das habe ich selbst nicht mehr geschafft. Und die Hebamme hat mich sehr gut unterstützt dann, also sie hat mir wirklich verschiedene…, wie ich mich bewegen soll, einfach, dass das Baby leichter raus kann (mhm). Sie hat einfach meinen Körper, also den Fuß mal hoch gehalten, oder so soll ich mich hindrehen oder so, einfach dass mein Baby leichter raus kann. Und um 10.00 Uhr am Abend, am Freitag am Abend, hat man dann das Kopferl gesehen und da hat sie gesagt, jetzt wird es gleich kommen (mhm).
Ausdauer und bloß keine falsche Scham beim Thema Geburt
Mein Baby hat einfach jeden Millimeter Platz gebraucht. Und es war für mich dann noch einmal eine große Überwindung, aber es war wichtig das [Kot] loszulassen, weil sonst mache ich ja was zu. Ich muss ja mein Baby rauskommen lassen. Sobald ich verkrampfe, etwas zurückhalte oder innerlich mich zusammenziehe, blockiere ich ja die Geburt.
Atmen
Und sie [die Hebamme] hat zu mir gesagt, das war für mich ganz wichtig: „Atmen, wir kommen auf die Welt und wir können atmen. Ich kann atmen.
Die Hausgeburt ist vollbracht
Und eben nach 3 Stunden mühsam das Kopferl raus arbeiten ahm, und sie [die Hebamme] hat mir da eben wirklich, ich glaube das „die Vagina ganz sanft mitdehnen und mit Öl einstreichen“, das hat echt geholfen, auch und dann wie die breiteste Stelle vom Kopferl ich geschafft habe, ist der Emil [mein Sohn] rausgeflutscht. Also, der Rest war dann, das war schon alles erledigt. Und ahm, er hat dann geweint, ich habe ihn weinen gehört und dann waren ich und mein Mann wirklich überglücklich (mhm). Der Paul [Vater] hat mich auch während der Geburt wirklich, also ich habe ihn da gebraucht, als Gegenpol, als Widerstand, wo ich mich anhalten kann, wo ich dagegen drücken kann und auch als Vertrauensperson. Ja und unser Zwergerl war dann da. Und wir waren, also ich, natürlich, ich habe ihn gehört, gesehen, für mich war er perfekt. Wunderschön… und er hat geweint, er hat Luft geholt und das (…) ja. Es hat alles gepasst (Tränen in den Augen).
Auszug aus: Die Geburt. Frauen erzählen. 1:1 aufgezeichnet von Martina Stubenschrott.
Jede Geburt ist ein einzigartiger Prozess. Ähnlich und anders zugleich. Spürbar wird in den von Martina Stubenschrott transkribierten Erzählungen, wie sehr Mutter und Kind miteinander verbunden sind.
Wie sehr ihr körperliches, seelisches und geistiges Wohlbefinden wechselseitig auf die Geburt Einfluss nimmt. Wenn die Frau im Fluss ist, ist Geburt so viel leichter. Vertraue in dein Gefühl und in den Prozess. Ich wünsche jeder Frau einen oder zwei vertraute Menschen (Hebamme und Partner oder Doula), die sie liebevoll, sanft und kompetent unter der Geburt begleiten.
Martina Stubenschrott, Pädagogin und Autorin
Auch das Bilderbuch „In Mamas Bauch“ ist ein wertvoller Begleiter durch die Schwangerschaft und als Geburtsvorbereitung für selbstbestimmte Geburten, eine Hausgeburt und überhaupt eine tolle Bereicherung jeder Hebammenpraxis.
Hier findet sich ein Geburtsbericht, das ein weniger erfreuliches Erlebnis einer Geburt im Krankenhaus schildert. (Achtung Triggerwarnung). Weitere Bücher über Weiblichkeit von Martina Stubenschrott gibt es hier.
Über Martina Stubenschrott
Martina Stubenschrott, geboren 1983, ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach ihrem Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaften sowie einem psychotherapeutischen Propädeutikum ist sie beruflich in der sozialen Arbeit tätig.
Die positiven Erfahrungen und Erlebnisse ihrer drei Schwangerschaften setzte Stubenschrott 2017 in ihrem Buch „Schwangerschaft und Geburt“ um.
Titelbild (Symbolbild): Rebekah vos Goab – Unsplash