Gastblog von Martina Stubenschrott
Jedes Geburtserlebnis folgt seiner eigenen Dramaturgie. Manche Geburten sind rundum positiv, einige traumatisch und andere eine Mischung aus Glück und Angst. Während der Schwangerschaft hören wir vermehrt von den traumatischen Erlebnissen. Das ängstigt und verunsichert. Doch Frauen können ihr individuelles Geburtserlebnis durchaus beeinflussen. Deshalb habe ich mich gefragt, wie eine „gute“ Geburt aussieht und acht Frauen über ihr Geburtserlebnis berichten lassen.
In „Schwangerschaft und Geburt“ erzählen acht Frauen von ihren Erfahrungen. Sehr persönlich. Gefühlvoll. Wunderschön bis dramatisch. Ungekürzt. Unverschnörkelt. Ungeschönt. Nicht korrigiert. Nicht verändert. Echt. Wenn Du so willst, ist die besondere Schreibart dieses Buches eine Vorbereitung auf den Geburtsprozess. Sei in der Zeit, die es braucht. Habe Geduld und Vertrauen.
Wodurch wird eine Geburt gut?
Dieses Buch ist ungewöhnlich, weil es in die Tiefe geht. Nicht nur gut verlaufene, sondern auch schwierig verlaufene Geburtsprozesse bekommen ihren Platz.
Aus den Geburten unter guten Bedingungen, erfährst Du, was Frauen während der Schwangerschaft und unter der Geburt hilft. Manche Frau hätte vielleicht gerne eine genauere Vorstellung von den Geburtsabläufen, um eine Ahnung davon zu bekommen und sich vorzubereiten. Oft fehlt jedoch eine weibliche Verwandte oder Freundin, mit der sie offen und angstfrei über die Geburt sprechen kann.
Ich bin dankbar für den Berufsstand der Hebammen, der besonders auf die persönliche Beziehung zur Frau Wert legt und „einfache“ Dinge beachtet. Diese machen im Geburtsverlauf einen großen Unterschied: Bewegungsfreiheit unter der Geburt, warme Füße, ein wohlwollendes Gesicht, eine aufmunternde Stimme, ein achtsamer Umgang mit der Nacktheit der Frau, eine Vertraute an der Seite. Herzensangelegenheiten.
Lerne aus einem schwierigen Geburtserlebnis
Ich habe lange überlegt, ob es sinnvoll ist, schwierig verlaufene Geburten zum Lesen freizugeben. Und mich dafür entschieden. Ich hoffe, dass wir aus Erfahrungen lernen und Verhaltensweisen meiden, die Frauen unter der Geburt schwächen. Die Berufung Hebamme, Arzt oder Ärztin muss von Herzen kommen. Vielleicht helfen die sehr intimen Erzählungen anderen Frauen mit ähnlichen Erfahrungen, ihren Schmerz zu verarbeiten und ihre Wunden zu heilen.
Auch Fehlgeburten sind Teil des Lebens. Manches in Liebe ersehnte Kind nahm früh Abschied. Es wurde nicht in Händen gehalten und nicht liebkost. Freude und Trauer liegen nah beieinander. Was wir lieben und verlieren, braucht Trauerzeit. Weine um Deinen Verlust. Nimm Abschied und öffne Dich dem, was Dir die Trauer offenbart.
Übernimm Verantwortung für Dich selbst
Ich mute Dir zu, in der Verantwortung zu bleiben und zu lesen, was dir guttut. Bewahre Dir Deine Mündigkeit und die Freiheit, Deine Stimme zu erheben. Singe, klage, lache, rede, weine, schreie, stöhne, schnaufe, blubbere. Tue, was auch immer dir guttut, wenn die Geburtswehen kommen.
Jeder Mensch ist einzigartig. Bleib in deiner Verantwortung und suche nach Antworten, die für dich stimmig sind. Wähle deine Umgebung gut. Wer oder was stärkt dich? Welcher Geburtsrahmen passt für Dich und Dein Kind? Welche Hebamme? Welche Ärztin? Was für eine Art von Begleitung brauchst du? Sanft und weich, schemenhaft, im Hintergrund bleibend oder sind dir klare und deutliche Anweisungen lieber? Bei welchen Menschen fühlst du dich wohl und gut aufgehoben? Wo fühlst du dich sicher und entspannt? Welcher Geburtsort ist für Dich und Dein Kind der Beste? Berücksichtige deine besonderen Umstände, medizinische, sowie persönliche, die in deinem Wesen liegen.
Bring Körper und Geist in Einklang
Kennst du deinen Körper? Liebst Du Deinen Körper? Bist Du vertraut mit Deiner Mitte? Die Schwangerschaft ist eine gute Zeit, Dich mit Dir vertraut zu machen. Lerne Deine Vulva kennen und achten. Sie ist „das Tor ins Leben“, wie Grit Scholz sagt. Mache Deinen Frieden mit ureigenen körperlichen Prozessen. Blut. Urin. Kot. Gehört alles zum Leben. Dein Kind wächst und gedeiht in dir. Und bald ist es da! Dein ganz persönliches Wunder!
Sei liebevoll mit Dir. Bewege Dich, wie es dir guttut. Bewegung stärkt Dich für die Geburt. Gib Dir selbst die Nahrung, die Du brauchst. Seelisch wie körperlich. Suche Zuspruch bei Menschen, die Dich schätzen, wie Du bist. Begib Dich in stärkende Gemeinschaften. Gehe dorthin, wo das Lachen und die Freude sind. Dorthin, wo auch Deine Sorgen und Ängste gehört und ernst genommen werden. In der Schwangerschaft und unter der Geburt brauchst Du Menschen, die dich liebevoll begleiten. Menschen, die dich erkennen, genauso, wie du bist. Die Verbindung von Körper und Geist ist immer da. Ebenso wichtig ist es, körperliche Signale zu achten, wie auch seelische Bedürfnisse wahrzunehmen und zu stillen. Je entspannter Du als Frau unter der Geburt bist, desto leichter gelingt das Gebären. Dein Kind arbeitet, Du öffnest dich. Manches Kind braucht mehr, anderes weniger Unterstützung.
Nimm Schmerz und Grenzen an
Du bist stärker als Du denkst. Nimm an, was kommt. Lass los, was Du nicht beeinflussen kannst. Bleib in Verbindung mit Deinem Kind. Vertraue auf dein Gefühl und höre auf die Menschen, denen du dein Vertrauen geschenkt hast. Leben bedeutet annehmen, was ist. Im Hier und Jetzt sein. Das gilt besonders für die Geburt. Auch die beste Vorbereitung kann durchkreuzt werden durch besondere Umstände, die ein anderes Handeln nötig machen. Erwarte mit Freude und Gelassenheit, was kommt. Du bist bereit für den Geburtsprozess, weil Du Frau bist. Alles, was Du brauchst, ist in Dir. Habe Vertrauen. Öffne Dich für das neue Leben und begleite es mit deinem Atem in diese Welt hinein.
Die Kraft ist in Dir
Lass Dich ein auf eine grenzüberschreitende Erfahrung. Manche Menschen erweitern die eigenen Grenzen spielerisch. Auch manche Geburten fließen sanft dahin wie gemütlich plätschernde Wellen im Meer. Andere Menschen wiederum gehen langsam Schritt für Schritt in neue Welten. Wehe für Wehe. Atemzug für Atemzug. Ebbe und Flut. Und über manche bricht ein regelrechter Sturm herein. Die Geburt ist ein Wechselspiel aus Deinen besonderen Eigenschaften und den Eigenarten Deines Kindes. Geburtsumstände können förderlich oder hinderlich sein. Wähle Deine Umgebung gut und dann lass Dich ein auf den uralten Rhythmus von Passivität und Aktivität. Entspannung und Anspannung. Ruhe und Kraft. Die Kraft ist in Dir.
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Über die Autorin
Martina Stubenschrott ist Mitte dreißig und stolze Mutter von drei Kindern. Als Erziehungs- und Bildungswissenschaftlerin ist ihr die Neugier auf das, was uns Menschen im Innersten berührt, ein steter Begleiter. Mehr erfährst Du auf unserer Autorinnenseite sowie hier www.storypower.at