Gastblog von Dörte Stanek
Vier Phasen des Menstruationszyklus bereiten den Weg zu uns selbst
“Ich bin nur froh, wenn es vorbei ist!“ Der Menstruationszyklus schränkt ein, ist lästig, unnötig, die schlimmste Sache der Welt, belastend, schmerzhaft… Das sind Aussagen, die wir alle kennen und die ich regelmäßig in meiner Arbeit mit Frauen höre. Deshalb begleite ich Frauen dabei, die Empfindungen ihres Körpers positiv anzunehmen. Denn durch das Annehmen wird es einer Frau möglich, voller Kraft ihren ureigenen Weg zu gehen.
Die vier Phasen des Menstruationszyklus
Der Menstruationszyklus ist auf diesem Weg ein essenzieller Richtungsweiser und Anker für das Selbsterleben. Oft wird unter dem Menstruationszyklus nur die Blutungszeit beziehungsweise Periode verstanden. Der Menstruationszyklus ist jedoch weiter gefasst. Er ist eine sich wiederholende, kreisförmige Bewegung des körperlichen und emotionalen Öffnens und Schließens in vier Phasen. Diese werden den Jahreszeiten gegenübergestellt. Die Blutungszeit, der Winter, kennzeichnet dabei jeweils den Beginn eines neuen Zyklus.
Der Winter: Einkehr und innere Ruhe
Die Zeit der Blutung wird dem Winter zugeschrieben, da der Körper in dieser Phase die Gebärmutterschleimhaut loslässt und damit eine emotionale Einkehr und Besinnung stattfinden kann. Es ist die Zeit, zu träumen, zu ruhen und sich zu erholen.
Der Frühling: Erwachen und Neugier
Die Phase nach der Blutung wird als innerer Frühling bezeichnet, da der Körper langsam für einen neuen Zyklus erwacht. Das Östrogen steigt an und die Gebärmutterschleimhaut baut sich wieder auf. Die Gefühle sind eng verknüpft mit dem körperlichen Geschehen. Demnach kann auf der emotionalen Ebene ein Gefühl von Neugier, Unbeschwertheit oder Unschuld entstehen. Neue, kreative Ideen können wachsen. Es ist die Zeit, sich auszuprobieren und neu auszurichten.
Der Sommer: Kraft und Lebenslust
Dem Frühling folgt der Sommer, die Zeit des Eisprungs. In dieser Phase erreicht der Östrogenspiegel seinen Höhepunkt und kann zu gesteigerter Vitalität führen. Frauen empfinden es in dieser Zyklusphase oft leichter, komplexe Lebensaufgaben zu meistern und tatkräftig viele Aufgaben auf einmal zu schultern. Der Eisprung kann mit Gefühlen von innerer Kraft, Lebenslust, Extrovertiertheit und erhöhter Libido einhergehen.
Der Herbst: Langsamer werden und Resümee ziehen
Im anschließenden Herbst, auch prämenstruelle Phase genannt, fühlen sich viele Frauen unwohl in ihrem Körper. Östrogen und Progesteron fallen ab, der Körper wird emotional durchlässiger, körperliche Stagnation und unterdrückte Gefühle zeigen sich durch Gereiztheit, Wut, Müdigkeit, Schwere, angeschwollene Brüste oder Kopf- und Unterleibsschmerzen. Hierfür ist der Menstruationszyklus jedoch nicht im medizinischen Sinne verantwortlich. Er ist vielmehr der Auslöser, sozusagen das Sprachrohr, das innere emotionale oder körperliche Unausgeglichenheit ankündigt.
Zyklus und Leistungsgesellschaft im Widerspruch
Der Menstruationszyklus ist Spiegel für das zyklische Sein, das täglich in eine lineare Leistungsgesellschaft gepresst wird. In dieser ist kein Raum für Ausruhen, Innehalten und Erspüren. Wir leben von der Natur getrennt und das zyklische Leben hat keinen Platz mehr. Und doch sind gerade Frauen zyklische Wesen.
Da ein zyklisches Leben nicht mehr Bestandteil unserer Gesellschaft ist, erleben wir uns als getrennt von unseren Körpern, besuchen ständig das Kopfkino und werden von sensorischen Reizen bombardiert. Die Natur zeigt jedoch, dass es Phasen der Ruhe und Stille bedarf, bevor etwas Neues entstehen kann. Sie lehrt uns auch, dass alles beständig wiederkehrt.
Doch wir als Gesellschaft glauben, ständig leisten zu müssen, den Tag effektiv nutzen zu müssen, stets erreichbar sein zu müssen, zu müssen, zu müssen, zu müssen. Wir schauen nur nach vorne und halten nicht an. Aus Angst davor, was uns eventuell einholen könnte. Unsere Körper sollen funktionieren und wenn sie es nicht tun, braucht es eine schnelle, unkomplizierte Lösung.
Jeden Teil unseres Seins bewusst leben
Frauen durchlaufen den Menstruationszyklus heute 25 bis 40 Jahre. Das ist eine sehr lange Zeit, in der Frauen diesen Teil ihres Seins meist nicht bewusst (er)leben.
Wie oft übergehen Frauen ihre eigenen Bedürfnisse, schmuggeln heimlich einen Tampon im Ärmel auf die Toilette oder leiden still, wenn sich der Unterleib verkrampft?
Eine Empfindung wird verschwiegen, es wird so getan, als sei alles in Ordnung, als sei „frau“ so leistungsfähig wie immer. Doch indem wir solch körperliche und emotionale Realität seit Generationen verstecken, wurden Frauen sprachlos gegenüber einem Teil ihrer weiblichen Natur, ihrer Mystik, ihrer Kraft und inneren Verbundenheit.
Den Menstruationszyklus wertschätzen
Denn es sind genau diese Werte, die der Menstruationszyklus den Frauen lehrt. In immer wiederkehrenden und doch leicht veränderten Kreisen. Der Menstruationszyklus ist ein Weg der Präsenz, präsent sein mit sich und mit der inneren Gefühls- und Empfindungswelt.
Jeder Tag ist anders und bringt andere Bedürfnisse mit sich. Schwankungen wahrzunehmen unterstützt dabei, sich mit sich selbst zu verbinden und anzunehmen. Dies können Unterschiede in Vitalität, Sexualität, Kreativität, Kontaktfreudigkeit, Gefühlen und vielem mehr sein. Das Zyklische gibt Struktur und hilft gleichzeitig dabei, sich neugierig zu betrachten, sich Freiraum zu geben und so zu sein, wie „frau“ an diesem Tag eben ist.
Es gibt einige Fragen, die dabei unterstützen, dem körperlichen Rhythmus mehr Raum zu geben und damit die eigene Natur zu achten. Fragen wie beispielsweise:
- Wie fühle ich mich heute?
- Was brauche ich heute?
- Wie fühle ich mich in diesem Zyklus?
- Welche Phase mag ich besonders gern und welche weniger?
Besinnen auf die weiblichen Wurzeln
Der Menstruationszyklus macht auf eine Region aufmerksam, in der sich Frauen eher selten aufhalten: auf das Becken. Das Becken ist unsere Wurzel, die körperliche Sicherheit, Erdung und Stauraum für Gefühle bietet. Gefühle, die ängstigen oder von den Ahnen weitergegeben wurden und unbewusst in der Körpererinnerung schlummern. Wie oft übergeht „frau“ ihre körperlichen Grenzen, nimmt auf, ohne bereit zur Öffnung zu sein und betäubt so ihre Wurzel. Da ist es ganz verständlich, dass es schwierig ist, sich auf diesen Teil des Körpers einzulassen. Dabei hilft gerade das Becken dabei, sich auf das Mysterium Leben einzulassen, sich und den Rhythmen des Lebens zu vertrauen.
Das Bluten lehrt uns nicht nur loszulassen, was körperlich und emotional nicht mehr benötigt wird. Es ist ein ganz natürlicher meditativer Zustand, bei dem Frauen einen Zugang zu innerer Stille erhalten und insbesondere Erdung erfahren. Durch die Erdung und die Erfahrung von körperlicher Sicherheit lernen wir uns fallenzulassen in das ungewisse und doch beständige und tragende Lebensnetz.
Das Becken ist an den Menstruationszyklus angebunden und hilft so, aus der Mitte heraus zu leben und der Intuition zu folgen, anstatt dem Gedankenkarussell die Führung zu überlassen. Es hilft, im Außen nach Lösungen zu suchen und aus einem inneren Druck heraus, Entscheidungen zu treffen.
Der Zyklus als Chance
Mithilfe des Menstruationszyklus können wir uns auf den Weg zu uns selbst machen. Wir können Zyklus für Zyklus wachsen und uns auf einen neuen Lebensabschnitt vorbereiten, die Jahre der Weisheit, um dort in voller Kraft zu strahlen.
Um Frauen dabei zu unterstützen, ihren Zyklus wahrzunehmen, habe ich den Kalender „Zyklen leben“ entworfen. Der wunderschön illustrierte Kalender begleitet Frauen in ihrem zyklischen Sein in Verbindung mit den einzelnen Mondphasen. Die klare Struktur des Kalenders hilft, achtsam für eigene Bedürfnisse zu werden, sich Zeit zu nehmen für Ruhephasen, Reflektion und Kreativität. Der Kalender vereint Zykluskalender, Mondkalender, persönliches Journal und Workbook in einem.
Der Kalender ist im Onlineshop unter www.weavingcycles.com erhältlich.
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Über die Autorin:
Dörte Stanek ist Frauen- und Zykluscoachin und achtsame Körperbewohnerin. In ihrer Arbeit unterstützt sie Frauen dabei, sich wieder mit ihrer Selbstliebe und Kraft über den Menstruationszyklus und den Körper zu verbinden. Ein kreatives und selbstbestimmtes Leben aus dem Schoßraum heraus, ist ihr Herzensfokus. Dörte hat Somatische Psychologie mit dem Schwerpunkt auf körperorientierter Traumatherapie (Master, USA) an der buddhistisch geprägten Naropa University studiert. Sie setzt sich intensiv mit dem Frauenkörper und Frauengesundheit auseinander und bietet Einzelcoaching zur Schoßraumheilung und Potentialentfaltung an. Ihr Wissen vermittelt sie in Workshops, Retreats, Jahresgruppen und Frauenkreisen.