In Zeiten, da es keinen „richtigen“ Kaffee gab, haben sich die Menschen anders beholfen. So lautet eine Erzählung, dass im Rheinland zu Zeiten der Napoleonischen Besatzung – also Ende des 19. Jahrhunderts – es keinen arabischen Kaffee gab. Somit wurde „Mocca faux“, also „falscher Kaffee“ aus verschiedenen Rohstoffen hergestellt. Das geht aus Löwenzahnwurzeln, Wegwartenwurzeln, aber auch aus Eicheln. Und die Rheinländer habe in dieser Zeit einige französische Begriffe aufgegriffen und lautmalerisch in ihren eigenen Sprachgebrauch übernommen. Somit war der „Muckefuck“ erfunden.
Wurzelkaffee, Muckefuck, Wurzeltee, Löwenzahnkaffee oder Löwenzahnwurzelkaffee
Für diesen Kaffeeersatz gibt es viele Namen. Konkret handelt es sich um ein Getränk, welches aus der Löwenzahnwurzel oder Wegwartenwurzeln hergestellt wird. Für manche ist der Kaffeeersatz auch einfach nur ein Heiltee.
Warum lohnt es sich Wurzelkaffee selber herzustellen?
Mir macht es einfach Spaß, Dinge des täglichen Bedarfs auch selber herstellen zu können. Und Geld spart es natürlich auch noch.
Aber der ganze Aufwand? Pflanze suchen und bestimmen, Wurzel ausgraben, sauber machen, trocknen, rösten … MIST verbrannt … noch mal von vorn …. Im zweiten Anlauf klappt es. Dann mahlen und aufbrühen. Und am Ende ist das Ergebnis nur mittelmäßig lecker.
Dennoch ist es lohnenswert, eine alte Technik, eine alte Handwerkskunst umzusetzen. Wenn man den Vorgang mal selbst gemacht hat, weiß man viele Dinge nämlich anschließend viel besser wertzuschätzen. Wurzelkaffee hat noch einen weiteren wichtigen Aspekt – einen gesundheitlichen Aspekt für Frauen in den Wechseljahren.
Wie gesund ist Wurzelkaffee?
Die Wurzeln von Löwenzahn und Wegwarte enthalten viele Bitterstoffe, die für die Fettverdauung gut sind. Es ist also durchaus hilfreich vor einem schweren, also fettigen Essen einen bitteren Tee oder ein bitteres Schnäpschen zu trinken. Aber auch der Kaffeeersatz verfügt über diese Bitterstoffe.
Aber dann man doch gleich Kaffee trinken, der ist auch bitter.
Ja und Nein. Wenn wir weniger Kaffee trinken, entlasten wir unseren Körper. In unserer schnelllebigen, hektischen Zeit sind wir doch ohnehin immer „auf der Flucht vor dem Säbelzahntiger“. Zumindest reagiert unser Körper bei andauerndem Stress genau so, als wären wir ständig auf der Flucht. Da kann es durchaus eine gute Sache sein, dieses Stresslevel nicht noch mit jeder Menge Kaffee zu steigern.
Kaffeealternative in den Wechseljahren?
In den Wechseljahren hat die Leber echt ordentlich zu tun. Dort wird alles verstoffwechselt. Durch das Durcheinander der Hormone hat in der Zeit die Leber auch noch mehr zu tun, denn zur normalen Stress-Belastung, kommen noch die Hormone dazu.
Daher vertragen manche Frauen in den Wechseljahren Kaffee nicht mehr so gut. Leberentlastung ist eines der Zauberwörter in dieser Zeit. Da wäre es doch schön, wenn es eine Alternative zum Kaffee gibt. Es ist auf jeden Fall einen Versuch wert auszuprobieren, ob z.B. Schweißausbrüche weniger werden, wenn Kaffee ersetzt oder ganz weggelassen wird.
Wurzel Ernte
Löwenzahn kennt jeder – doch die wenigsten hatten schon einmal mit der Löwenzahnwurzel zu tun. Dabei ist die Wurzel ziemlich leicht zu beschaffen. Das gilt natürlich auch für andere Wurzeln, die zur Herstellung des Kaffeeersatzes geeignet sind.
Wann sammelt man Wurzeln?
Wurzeln werden im Herbst oder im ganz frühen Frühjahr gegraben. Im Herbst ziehen sich die Pflanzen zurück und lagern Nährstoffe in den Wurzeln an. Dann kann die Pflanze mit den angelegten Reserven im Frühling gleich durchstarten. Wenn also im Frühling gesammelt werden soll, dann muss das geschehen, bevor die Pflanze wieder ganz neu ausgetrieben ist.
Wo kann gesammelt werden?
In der Stadt kann sich das etwas schwierig gestalten. Wegwarten wachsen z.B. hier in Berlin gerne an viel befahrenen Straßen. Dort kann aufgrund der Schadstoffbelastung leider nicht gesammelt werden. Wenn es keine geeignete Fläche in der Nähe gibt, so kann man die Wurzeln auch in der Apotheke, in ausgesuchten Kräuterläden oder online kaufen.
Und wie macht man jetzt Wurzelkaffee selber?
Eigentlich ist es ja ganz einfach:
Mein Fazit dazu:
Mir schmeckt er besonders gut, mit ein paar Tropfen Haferdrink und einem Klecks Honig. Ich muss aber dazu sagen, gewöhnlichen Kaffee mag ich auch nicht schwarz trinken.
Da Wurzelkaffee kein Koffein enthält, kann er auch abends genossen werden. Mit Wurzelkaffee, Decke und einem Buch auf die Couch. Eine märchenhafte Vorstellung. Denn es gibt zur Wegwarte tatsächlich eine Fabel.
Märchenhaftes zur Wegwarte
Und zwar gab es einst ein Liebespaar. Der Jüngling musste von Dannen ziehen und seine Liebste zurücklassen. Diese versprach, an der Stelle, an der sie sich verabschiedeten, auf ihn zu warten. Das tat sie auch – tagein, tagaus. Aber der Liebste kehrte nicht zurück. Sie stand dort und stand und stand und niemand vermochte sie von diesem Unterfangen abzubringen.
So verwandelte Gott sie irgendwann in eine schöne blaue Blume, die bis heute am Wege wartet. Und wenn man eine weiße Wegwarte sieht, um die sich viele blaue Wegwarten gruppieren, so weiß man, dass diese eine weiße Wegwarte eine Prinzessin war, die bis heute mit ihrem Hofstaat auf den Prinzen wartet.
So ranken sich um manche Blume die wundersamsten Geschichten, die oft auch Pflanzenwissen geschickt verpackt vermitteln.
Viel Wissen über Kräuter und deren Anwendung in der Küche oder der grünen Hausapotheke gibt es auch in meinem Kräutermärchen „Magdalia und die Gnome“. Dort habe ich Pflanzenwissen, kindgerecht eingewoben in eine Geschichte über Freundschaft, Vertrauen, Umweltschutz und starke Kinder. Als besondere Zugabe finden sich im Anhang des Buches die Rezepte von Magdalia. So können sich die Lesenden sehr einfach selber von den Magdalias Kochkünsten überzeugen und das neu gewonnene Kräuterwissen leicht anwenden. Und vermutlich trinkt Magdalia auch gelegentlich gerne mal eine Tasse Wurzelkaffee.
Schreib uns doch gerne Deine Erfahrungen in die Kommentare.
Über Sonja Bienemann
Sonja Bienemann ist ausgebildete Kräuterpädagogin und Wechseljahreberaterin und verfügt über die Fortbildung „Grüne Hausapotheke“. Mit ihren Kräutermärchen und Geschichten möchte sie ihr Wissen an Kinder und Erwachsene weitergeben, um so den Blick für die Kräfte der Natur zu schärfen. Auch der Umweltschutz ist ihr ein großes Anliegen.
Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag! Eichelkaffee habe ich schon selbst gemacht, Wurzelkaffee noch nicht. Ich finde den Gedanken ganz interessant, dass unser Körper genau die Nährstoffe und Vitamine benötigt, die in regionalen Pflanzen zur jeweiligen Jahreszeit enthalten sind. So braucht unser Körper in den kälteren Monaten zum Beispiel die Inhaltstoffe von Kohlgewächsen. Spannend in diesem Zusammenhang ist, dass es auf dem europäischen Kontinent keine einzige koffeinhaltige Pflanze gibt. Dabei könnte man denken, dass fehlendes Sonnenlicht in den Wintermonaten müder und energieloser macht und ein koffeinhaltiges Getränk daher durchaus hilfreich wäre. Ich freue mich auf einen Gedankenaustausch hierzu!