- In unserer Gesellschaft kann es eine Mutter niemandem recht machen.
- Tochter – Mutter – Großmutter
- Unter dem Schmerz verbirgt sich dein Potenzial
- Heilsame Veränderungen herbeiführen
- Wir können uns selbst heilen und eine gute Mutter sein.
- Wortmedizin: ein Brief an meine erwachsene Tochter
- Ich bin die Große Mutter, die zurückkehrt in dein Bewusstsein.
- Über Jutta Westphalen
In unserer Gesellschaft kann es eine Mutter niemandem recht machen.
In unserer Zeit kann es eine Frau und Mutter niemandem recht machen, denn ihr wird die alleinige Bürde der Kindererziehung aufgehalst. Ist sie zärtlich und empathisch, wird sie als Glucke verspottet.
Mütter leben in ständiger Angst, dass etwas passieren könnte. Darum gibt es Handyfunktionen, mit deren Hilfe Eltern jederzeit überprüfen können, wo ihre Kinder sind.
In unserer Gesellschaft kann es eine Mutter niemandem recht machen.
Einer Tochter ist es peinlich, wenn ihre Mama sie von der Schule abholt: Sie ist doch kein Baby! Eine andere findet die Kleidung und Figur der Mutter „unterirdisch“. Eine Tochter wechselt sogar die Straßenseite, wenn die Mutter ihr in der Stadt über den Weg läuft. Und wenn ein Kind emotionale oder psychische Probleme hat, ist garantiert die Mutter Schuld.
Wir leben nicht in einer idealen Welt, in der die Mutter ein Vorbild für ihre Tochter ist. Sie kann es auch gar nicht sein, denn für ihre Sorge- und Pflegearbeit erhält sie keinerlei Vorbereitung und Anerkennung. Trotzdem ist die Beziehung zwischen Mutter und Tochter oft eine Zeitlang ganz innig.
Und dann wird es schwierig. Es braucht viel Geduld in dieser Phase, in der sich Mütter und Töchter nicht verstehen und sich gegenseitig vielleicht sogar beschimpfen. Die Rebellin ist oft zu beobachten in öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Einkauf. Mütter reden auf ihre Tochter ein, entschuldigen sich, versuchen zu beruhigen, es gut zu machen – und machen alles nur noch schlimmer.
Mütter kapieren gar nichts, denn die Töchter blicken durch und wissen, was wichtig ist. Das Konzert und die Party sind viel wichtiger als die Mathearbeit, das Tattoo ist notwendiger als der Einkauf.
Werden die Töchter älter, machen sie eigene Erfahrungen und sehen ihre Mutter in anderem Licht. Dann wird die Beziehung ruhiger, sanfter und wieder liebevoller. Das Verhältnis der Tochter zur Großmutter ist eindeutig entspannter. Denn von der Großmutter wird nichts erwartet. Sie darf ruhig peinlich sein, sie ist ja nur die Oma. Großmutter macht vieles anders, bei ihr gelten andere Regeln. Sie erzählt von früher, hat vielleicht einen Garten, kocht leckere Speisen und kennt vieles, was der Enkelin fremd ist. Im Idealfall hat sie Geduld und strahlt Liebe und Ruhe aus.
Tochter – Mutter – Großmutter
Die Mutter sieht sich in der Jugend ihrer Tochter wieder.
Die Tochter sieht im Alter ihrer Mutter und Großmutter, was auf sie zukommt.
Die Großmutter sieht in ihrer Tochter und Enkelin die Zukunft, die sie nicht mehr erleben wird.
Die Ahninnenlinie mit Leben zu füllen, verlangt von allen Seiten Geduld, Verständnis, Liebe und Weisheit. Die Nähe ist ganz wunderbar und intensiv. Die Abschiede sind umso schmerzhafter.
Doch jede Frau, die in sich selbst zu Hause sein will, muss sich von ihrer Mutter absetzen. Je selbstbewusster und selbstbestimmter sie ihren eigenen Weg geht, desto intensiver und unproblematischer ist die Verbindung zur Mutter.
Wahrscheinlich haben glückliche Mütter eher glückliche Töchter und Söhne. Ganz sicher wird sich etwas Grundlegendes ändern, wenn Großmütter, Mütter, Töchter, Schwiegertöchter und Schwiegermütter, Schwestern und Enkelinnen mehr Verständnis, Geduld und Zuneigung aufbringen und füreinander einstehen.
Hire ein Beitrag vom Deutschlandfunk Kultur: Wie Mütter ihre Töchter prägen. Und ein Artikel im SZ Magazin behandelt hier das Thema Frauen, die unter ihren Müttern litten.
Unter dem Schmerz verbirgt sich dein Potenzial
Dein Potenzial wird befreit, wenn du den alten Schmerz erlöst. Das Trauma wurde durch Trennung verursacht: die Trennung von unseren Gefühlen, von unserer Intuition und unserem Potenzial. Diese Trennung ist eine Urwunde, die wir schon ganz früh durch die Trennung von unseren Müttern erlebt haben. Und wir erleben diesen Trennungsschmerz immer wieder in unseren Beziehungen. Dies ist ein Weckruf, damit wir den alten Schmerz heilen und nicht mehr davor weglaufen.
Durch die Bindung an unsere Mutter entwickeln wir unser innerstes Wesen. Wenn die mütterliche Pflege nicht gestört wird, können wir später kooperativ und emphatisch handeln. Ist diese mütterliche Versorgung jedoch unzureichend, werden später die Bedürfnisse anderer missachtet und andere Wesen missbraucht. Ein Trauma ist keine Krankheit, sondern eine Störung. Diese Wunden können geheilt werden durch ganz unterschiedliche Ansätze. Doch wir brauchen den Mut zu fühlen, um wieder zur normalen Aktivität zurückzukommen. Der Körper kann als Heiler dienen und durch schamanische Heilungsansätze kann die Seele zurückgerufen werden in den Körper.
Unsere spätere Bindungsfähigkeit unter Erwachsenen hängt also von der frühen Bindung an unsere Mutter ab. Früher waren Hausgeburten üblich. Doch die Geburt in einer schulmedizinisch geprägten Kultur bedeutet, dass es über Jahrzehnte üblich war, Mutter und Kind gleich nach der Geburt voneinander zu trennen. So haben ganze Generationen schon in der Klinik ein frühkindliches Trauma erlebt. Daraus ist eine gefühlskranke Gesellschaft und Massenpsychose entstanden.
Wie bei einer natürlichen Geburt kann Heilung nicht erzwungen oder beschleunigt werden, aber wir können sie unterstützen. Dr. Gabor Maté nennt vier Heilungsprinzipien, die alle einem menschlichen Bedürfnis entsprechen, das schon früh im Leben verkümmerte. Heilung geschieht dann, wenn jede Qualität wieder in unserem Leben willkommen ist und intergiert wird.
- Authentizität ist Echtheit und Originalität.
- Handlungsmacht ist die Fähigkeit die Verantwortung für uns selbst zu übernehmen.
- Wut in ihrer gesunden Form ist eine Verteidigung der eigenen Grenzen.
- Akzeptanz lässt die Dinge in diesem Moment so sein wie sie sind.
„Wenn wir von einer gesünderen, weniger zerrissenen Welt träumen wollen, müssen wir uns die Heilkraft des Mitgefühls zunutze machen und es stärken.“ Mitgefühl ist ein mütterliches Gefühl, das die Menschen miteinander verbindet, jeden integriert und die Gemeinschaft stärkt.
Um zu heilen brauchen wir Mitgefühl für uns selbst, für unsere Mitmenschen und besonders für unseren Heimatplaneten, Mama Erde. Die Erde ist ein uraltes weises Wesen. Sie ist 4,6 Millionen Jahre alt und bringt uns gerade bei, dass wir sie nicht unterwerfen können. Mama Erde hindert uns, das Netz des Lebens vollkommen zu zerstören, und erinnert uns daran, dass wir als ihre Töchter die Hüterinnen des Lebens sind. Dieses Wissen war alten Kulturen bekannt. Sie waren so fortschrittlich wie wir oder sogar fortschrittlicher. Und es ist eine interessante Frage, was diese alten Zivilisationen der Maya, Mesopotamier und Ägypter zerstört hat.
Heilsame Veränderungen herbeiführen
Jetzt kommt es darauf an, dass wir unser Verhalten ändern. Um gesund zu bleiben ist es ausschlaggebend, wie wir mit uns selbst und anderen umgehen und wie wir die Natur behandeln.
Wir können uns selbst heilen und eine gute Mutter sein.
„Reparenting“ ist die Nachbemutterung, wenn deine Mutter deine Bedürfnisse nicht befriedigen konnte, weil sie selbst traumatisiert war.
Vielleicht hast du dir gewünscht, dass deine Mama liebevoller mit dir umgegangen wäre, dass sie dir gesagt hätte, dass du gut so bist, wie du bist, dass sie stolz auf dich ist. Oder dass sie gesagt hätte: Ich spüre, dass du traurig (oder wütend bist) Was beschäftigt dich?
Du kannst dich fragen, was du in Freundschaften und Beziehungen suchst, um dir selbst auf die Spur zu kommen. Dies ist hilfreich, weil es zeigt, was dir fehlt und du von anderen erfüllt haben möchtest. Zum Beispiel körperliche Nähe, Liebesbekundungen und Anerkennung. Erwartest du, dass dein Partner dir immer wieder sagt, wie schön und toll du bist und fühlst du dich abgelehnt, wenn es nicht passiert? Dann kann es sein, dass dir genau das in deiner Kindheit gefehlt hat.
Vielleicht bist du nun wütend oder traurig, weil du etwas nicht bekommen hast, was wichtig gewesen wäre. Das ist vollkommen in Ordnung, denn Gefühle wollen gefühlt werden. Fühle sie und sei dir sicher, dass du vieles nachholen kannst.
Versuche wohlwollend, wertschätzend und bestärkend mit dir selbst zu sprechen. So wie du es dir von deiner Mutter gewünscht hättest. Das verändert deinen inneren Dialog und hat großen Einfluss darauf, wie du dich selbst wahrnimmst, dich fühlst und durchs Leben gehst. Sich selbst eine gute Mutter zu sein ist ein Prozess. Darum beginn mit einer Sache, die du verändern möchtest und nimm dir Zeit dafür. Natürlich geht vieles allein, aber gerade mit traumatischen Erlebnissen in der Kindheit, wie Missbrauch, Sucht und psychischen Problemen der Eltern kann eine therapeutische Begleitung hilfreich sein.
Wir können der Erde lauschen, uns auf Mutter Erde legen und ihr zuhören. Als Kind liebten wir es, auf der Wiese zu liegen und in die Wolken zu blicken, dem Summen der Insekten zu lauschen, den Wind auf der Haut zu spüren und einfach ohne Gedanken glücklich zu sein. Wir können der Erde danken für ihren Reichtum und all ihre Geschenke.
Oder wir schlafen nachts unter freiem Himmel, lauschen den Nachtgeräuschen der Tiere und blicken in den klaren Sternenhimmel. Wir beobachten den Sonnenaufgang und danken der Sonne, dass sie uns wieder einen Tag schenkt, an dem wir leben.
Wenn wir den Elementen danken, können wir alte Wunden heilen und die Ketten der Vergangenheit sprengen. Dafür brauchen wir keine Ausrüstung oder Schulungen. Es reichen einfache persönliche Zeremonien, um einen heiligen Raum zu schaffen. So können wir die Liebe und Würde in unser Leben zurückbringen. Wildfrauen erinnern uns daran, dass wir in der Natur alles Notwendige finden.
Wortmedizin: ein Brief an meine erwachsene Tochter
Meine über alles geliebte Tochter,
ich umarme dich. Du bist mein kostbarster Schatz. So zart und zerbrechlich und schön wie eine feine Schneeflocke aus dünnstem Glas.
Mein Liebling, du musst nichts tun.
Mir genügt es, dass du da bist.
Du musst nichts tun, was du nicht möchtest.
Ich verlange nichts von dir.
Du bist frei und kannst ja sagen oder nein.
Beides ist in Ordnung.
Mein Blick auf dich ist voller Sanftmut, Mitgefühl und Zärtlichkeit.
Ich freue mich über dich, so wie du bist.
Sei nicht so streng mit dir. Du musst nichts tun, von dem du denkst, dass andere es von dir erwarten. Folge einfach deinem Inneren. Zwinge dich nicht, an Orte zu gehen, wohin du nicht gehen möchtest. Verbringe keine Zeit mit Menschen, die dir nicht guttun und für die du keine Verantwortung hast. Viele erkennen nicht, wer du bist. Lass dich nicht von ihnen benutzen für Dinge, die dir nicht entsprechen.
Andere spiegeln dir dein Innerstes. Du bist es selbst, wenn du dich gezwungen fühlst, Erwartungen zu erfüllen. Darum darfst du nein sagen und fernbleiben. Du darfst für dich selbst sorgen und Dinge tun, die dich entspannen und wachsen lassen. Du darfst wählen, mit welchen Menschen du Zeit verbringen möchtest.
Erlaube es dir und eine große Last fällt von dir ab. Fühle meine Worte, vertraue mir und lass dich fallen. Du darfst einfach sein und musst nichts dafür tun, um geliebt zu werden. Ich habe keine Forderungen, keine Ansprüche und keine Pflichten, die du erfüllen sollst. Jede Wertung ist mir fremd. Denn ich erkenne dich und sage dir: Du bist wunderbar. Du bist angefüllt mit göttlicher Liebe. Sie ist in jeder Zelle. Dein Herz ist ein liebendes Herz, ein warmes, großes Herz voller Mitgefühl. Du bist mit so viel Liebe angefüllt, dass all deine Wunden heilen. Gerade jetzt, in diesem kostbaren Moment geschieht das Wunder. Du spürst die Wärme und tiefe Geborgenheit, die deinen uralten Kummer einfach auflöst.
Ich bin die Große Mutter, die zurückkehrt in dein Bewusstsein.
Ich schenke dir Liebe und Hoffnung, vermittle dir Zuversicht und umarme dich. Ich trage und behüte dich und umhülle dich mit meiner Liebe. Meine Liebe ist bedingungslos, immerwährend und allgegenwärtig. Ich stelle nicht infrage und bewerte nicht. Ich liebe dich ohne Erwartungen. Ich wiege dich in Hoffnung, gebe dir Kraft und verleihe dir Mut. Ich helfe dir durch schwere Zeiten. Mit all meiner Liebe umhülle ich dich.
Deine leibliche Mutter ist meine menschliche Vertreterin auf der Erde. Sie wollte immer dein Bestes. Darum zerre nicht länger an ihr, sondern danke dafür, dass sie dir das Geschenk des Lebens gemacht hat. Du bist kein Kind mehr, sondern eine erwachsene Frau. Nun bin ich für dich da. Die Große Mutter.
Deine Liebe zu mir nährt dein Urvertrauen
Ich wünsche, dass du einfach nur du bist, ganz ehrlich, pur und offen. Du musst nichts tun. Du bist nicht alleine. Meine ewige Liebe ist immer bei dir und hüllt dich ein. Ich lege einen wunderschönen wärmenden Umhang um deine Schultern, damit du dich erinnerst und das Leben liebst.
Das war ein fiktiver Brief einer Mutter an ihrer Tochter, der dich vielleicht inspiriert selbst einen Brief an deine Tochter zu schreiben, oder dich mit deiner Mutter-Tochter-Beziehung auseinanderzusetzen. Das Ganze geht natürlich auch umgekehrt: Auch Töchter können heilsame Briefe an ihre Mütter schreiben. Hier ein Beispiel aus der Zeit für die Briefe zweier Töchter, die sich mit ihrer Beziehung zu ihren Müttern auseinandergesetzt haben.
Über Jutta Westphalen
Jutta Westphalen ist Diplom-Pädagogin und hat zudem Psychologie studiert. Sie ist anerkannte Heilerin, systemische Familienaufstellerin, Coach und Autorin. Über 25 Jahre hat sie in ihrer eigenen Praxis Einzelberatungen und Frauen-Workshops durchgeführt. Zu ihren Themen zählen Meditation, Selbsterfahrung, Intuitionsschulung, Finden der weiblichen Kraftquellen, Medizinrad-Wissen und schamanische Reisen.
Jutta Westphalen hat schon viele Bücher geschrieben und im LebensGut Verlag Die weibliche Kraft kehrt zurück, Band eins: Das vergessene Wissen der weisen Frauen und Band zwei: Die Magie des Kreises veröffentlicht. Sie lebt mit ihrem Mann und einem kleinen Kater in Norddeutschland, liebt den hohen Himmel, die Nähe des Wassers und den Zug der Wildgänse. Sie erzählen vom Aufbruch, einer weiten Reise und neuen Zeit.
Diese neue Zeit bereitet sie bewusst mit vor, indem sie ihr Wissen über alte Hochkulturen teilt, die friedlich lebten und von Clanmüttern gelenkt wurden. Jeder hatte einen Platz zum Schlafen, gehörte zur Gemeinschaft und erhielt Anerkennung für seinen Beitrag zur Gemeinschaft. Dieses alte Frauenwissen brauchen wir unbedingt in einer Zeit der Unruhen, Kriege und naturfernen Lebensweise. Wir brauchen mutige Frauen, die aufstehen, Grenzen setzen und handeln, um das Leben zu schützen!